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Konzept:
Kinderwohnheim

Hier finden Sie die konzeptionellen Grundlagen und Handlungsansätze, nach denen wir arbeiten. Aus urheberrechtlichen Gründen möchten wir unsere vollständige Fachkonzeption an dieser Stelle nicht digital zur Verfügung stellen. Sehr gerne können Sie diese jedoch in analoger Form einsehen.

Heilpädagogik

Grundlage unseres pädagogischen Handelns ist die moderne Heilpädagogik. Jeder junge Mensch wird in seiner Eigenart und Einzigartigkeit akzeptiert und ernst genommen. Davon ausgehend werden die individuellen Möglichkeiten sowie konkreten Lebensbedingungen des jungen Menschen, vor allem auch die ureigenen Möglichkeiten unterstützt und gefördert. Uns geht es nicht darum, Menschen mit Behinderungen zu befähigen, sich anzupassen, damit sie „möglichst so wie alle anderen“ werden. Unsere Zielsetzungen sind Autonomie, Selbstbestimmung und Teilhabe. Damit nehmen wir eine ressourcenorientierte Grundhaltung ein, die danach fragt, über welche Fähigkeiten und Kompetenzen jemand verfügt und was die nächsten Entwicklungsziele sein könnten.

Waldorfpädagogik und Anthroposophie

Wir arbeiten auf der Grundlage eines anthroposophischen Menschenbildes und der hierauf gegründeten Waldorfpädagogik und anthroposophischen Heilpädagogik. Das anthroposophische Menschenbild ist ganzheitlich und betrachtet den Menschen auf einer physischen, seelischen und geistigen Ebene. Auf geistiger Ebene wird jeder Mensch als in seinem innersten Wesenskern unverletzlich und nicht behindert gesehen. Grundsätzlich will Waldorfpädagogik und anthroposophische Heilpädagogik den Menschen mit der Welt umfassend verbinden. Dies kann durch sinnvolle Tätigkeiten in einem erlebnisreichen Kontext, künstlerische Prozesse und eine freilassend spirituell christliche Orientierung geschehen. Anthroposophisch orientierte Heilpädagogik basiert auf einer Methodik, die von der intensiven Erforschung der Phänomene ausgeht, dementsprechend ist heilpädagogische Förderung ist ein hochindividueller Prozess, der aus einem hermeneutisch ganzheitlichen Ansatz heraus geschieht und der ausdrücklich die Persönlichkeit des oder der (Heil)pädagog:in einschließt.

Tiergestützte Pädagogik und Therapie

Wir arbeiten auf Grundlage eines tiergestützten Ansatzes. Der Mensch ist kein losgelöstes biopsychosoziales Geschehen, sondern ist schon immer eingebettet in einen nichtmenschlichen Naturraum (Kontext). Dies spiegelt sich im Aspekt der Biophilie des Menschen wider. Menschen sind von Naturräumen und Tieren angezogen und profitieren hiervon ganzheitlich. Diese Naturräume entwickeln sich in unterschiedlicher Weise zeitlich weiter (Kontinuum). Das Erleben dieser unterschiedlichen Rhythmen und Lebenstempi wirkt ebenfalls heilsam auf den Menschen ein. Die Eigenart der Tiere, welche eine hohe Verlässlichkeit in ihrer Beziehung bieten, ermöglichen es den jungen Menschen korrigierende Bindungserfahrungen zu machen. Durch die direkte Wahrnehmbarkeit seelischer Regungen wird eine Nachreifung der Mentalisierung beim jungen Menschen unterstützt. Die Versorgung von Tieren kann auch einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung des Kohärenzgefühls leisten: Tiere handeln vorhersehbar, die notwendigen Tätigkeiten sind vorhersehbar, sie sind für die Kinder und Jugendlichen handhabbar und in direkt erlebbarem Maße sinnvoll.

Handlungspädagogik

Handlungspädagogik bezeichnet einen pädagogischen Ansatz, welcher auf die Einbindung von Kindern und Jugendlichen in sinnlich erfahrbare und sinnvolle Handlungen baut. Beispiele sind die Versorgung eines Gartens, die Versorgung von Tieren oder die Reparatur von gebrauchten Dingen. Handlungspädagogik baut auf eine von den Mitarbeiter:innen zu bildende Umgebung, in der ernsthafte, sinnvolle und durchdachte handwerkliche Tätigkeiten von Bedeutung sind. Zentral ist die Bildung eines sinnerfüllten Milieus, in welchen junge Menschen in einem Evidenzerlebnis der eigenen Handlungsfähigkeit und dem Gefühl gebraucht zu werden Lebens- und Selbstsicherheit ausbilden können.

Traumapädagogik

Entsprechend unserer Zielgruppe hat trauma- und bindungssensibles Arbeiten bei uns eine besondere Relevanz und Dringlichkeit. Kinder und Jugendliche, die Psychotraumatisierungen erfahren haben, zeigen Erlebens- und Verhaltensweisen, welche von nicht traumatisierten Kindern und Jugendlichen abweichen.

Traumapädagogische Ansätze bündeln Haltungen, Strukturen und konkrete Interventionen, welche psychotraumatisierten Menschen in ihren Erlebens- und Verhaltensweisen helfen, wieder psychische Stabilität und Selbstermächtigung zu erlangen. Sie helfen, dass Menschen neue Erfahrungen sammeln können, sich selbst besser verstehen lernen, Handlungsstrategien entwickeln, Entwicklungshemmnisse aufholen und sichere Beziehung zu anderen Menschen aufbauen können. Zentrale Säulen der Traumapädagogik sind die Annahme des guten Grundes, unbedingte Wertschätzung, Partizipation, Transparenz und Lebensfreude.

Bindungssensible Arbeit

Die Bindungstheorie beschreibt angeborene, überlebenssichernde Erlebens- und Verhaltensweisen, welche menschliche Kinder, Jugendliche und ihre Fürsorgepersonen zeigen sowie die oft lebenslang stabilen Folgen, welche sich aus ihrer konkret ausgestalteten Interaktion ergeben. Ist dieser Prozess regelmäßig gestört und findet gar nicht, unzureichend oder inkonsistent statt, resultieren hieraus beim jungen Menschen zum Teil gravierende lebenslange Folgen bezüglich des Selbstbildes, des Sozialverhaltens, insbesondere der Erwartungen an zwischenmenschliche Beziehung, aber auch der (emotionalen) Selbstregulation. Bindungssensibles Arbeiten berücksichtigt diese Bindungsstile und Schemata in der Ausgestaltung der konkreten Interaktion mit dem jungen Menschen und versucht korrigierende Bindungserfahrungen langfristig zu ermöglichen.

Systemorientierung

Unserer Arbeit liegt auch eine systemische Sichtweise zugrunde. Systemorientierte soziale Arbeit betrachtet den einzelnen Menschen als in sozialen Systemen auf verschiedenen Ebenen eingebettet. Für uns relevante Systeme sind die Herkunftssysteme der Kinder und Jugendlichen, die Wohngruppen, das Gesamtsystem der jungen Menschen, die Mitarbeiter:innen, die Schulklassen und Schulen, die Gruppe der Menschen mit Behinderung und viele weitere. Systemorientierte soziale Arbeit berücksichtigt diese Wechselwirkungen und Rückkopplungsprozesse und lenkt den Blick der Pädagog:innen und jungen Menschen auf diese.

Orientierung an sozialen und operanten Lerntheorien

Eine besondere Bedeutung für unsere Arbeit hat die Perspektive des Lernens aus den Folgen von Verhalten, also die Betrachtung der Kontingenzen aus der Sicht der operanten Lerntheorien sowie des Lernens am Modell, durch die Beobachtung des Verhaltens anderer. Insbesondere bei eingeschränkter Perspektivübernahmefähigkeit aufgrund geistiger Behinderung und/oder tiefgreifender Entwicklungsstörungen kommt der bewussten Gestaltung der Kontingenzbedingungen durch die Mitarbeiter:innen eine wichtige Rolle zu. Die sozialkognitive Lerntheorie von Bandura betrachtet Lernprozesse, welche durch die Beobachtung von Verhalten anderer geschieht. Hier spielen Prozesse in der Wohngruppe aber auch biografische Erlebnisse in den Herkunftsfamilien der Kinder und Jugendlichen eine wichtige Rolle. Hier besteht auch eine große Schnittmenge zum Konzept von Vorbild und Nachahmung aus der Waldorfpädagogik.

Empowerment

Empowerment stellt ein zentrales Paradigma der sozialen Arbeit dar, dass auch für uns handlungsleitend ist. Die Empowerment-Prozesse wollen den oder die Einzelne:n dazu ermutigen und befähigen, seine oder ihre Stärken und Ressourcen zu erkennen und zu nutzen, um sein oder ihr Leben selbstbestimmt und autonom zu gestalten. Der (Wieder-)einbindung in tragfähige soziale Netze kommt hierbei eine besondere Rolle zu, da sie mit als entscheidende Ressource angesehen werden. Wichtig ist hier die Wendung „sein oder ihr Leben“, geht es doch darum, dass die Maßstäbe und Werte, die das Mehr an Lebensqualität definieren, ausdrücklich von den Menschen selbst bestimmt werden. Es geht auf professioneller Seite also nicht darum, standardisierte Rezepte – und seien sie noch so gut gemeint und fachlich fundiert – auf die betroffenen Menschen anzuwenden, sondern Entwicklungs- und Umsetzungshilfe bei ganz individuellen Lösungswegen zu geben.

Lebensweltorientierung

Eng mit dem Konzept von Empowerment verbunden ist der Begriff der Lebensweltorientierung. Lebensweltorientierung in der systemisch-konstruktivistischen Weiterentwicklung des Konzeptes nach Kraus unterteilt die Lebenswirklichkeit von Menschen in eine subjektiv konstruierte Lebenswelt und eine von außen anhand bestimmter Dimensionen objektiv beschreibbaren Lebenslage. Lebensweltorientiert arbeiten bedeutet, die subjektive erlebte und konstruierte Lebenswelt als Ausgangspunkt aller Handlungen anzuerkennen und Menschen dabei zu helfen, ihre selbst definierten Probleme und Ziele zu verfolgen, ihr Leben zu meistern und subjektive Zufriedenheit zu erlangen. Der oder die Pädagog:in wird zum Anwalt oder zur Anwältin des jungen Menschen und seiner Familie. Lebensweltorientierung ist personen- und ressourcenzentriert, systemisch und sozialraumorientiert. Schnittmengen bestehen aber auch zum individuumszentrierten Ansatz der Anthroposophie (siehe oben).

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Wir freuen uns auf Sie!

 

Christopherus-Haus e.V.
Kinderwohnheim

Rüsbergstr. 60
58456 Witten

Tel.: 02302 979900
l.arntz@christopherus-haus.de

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